Wohnen, Leben, Arbeit und Kultur vereint

Hof Prädikow, Prötzel

Portrait

Auf einen Blick

Idee

Die Menschen auf Hof Prädikow knüpfen an die „alte“ Praxis des ländlichen Raums an, Wohnen, Leben, Arbeit und Kultur an einem Ort zu vereinen. Die neuen Nutzungen schlagen eine Brücke von der historischen Vergangenheit des Hofes in die Zukunft.

Themen

Wohnen und Leben, Arbeit und Kultur, Vergangenheit und Zukunft

Wo, seit wann

Prötzel in Brandenburg (Märkische Schweiz), Ortsteil Prädikow, rund 50 km östlich von Berlin gelegen. Kauf des Geländes und der Gebäude durch Stiftung trias 2016 und Weitergabe im Erbbaurecht an SelbstBau e.G. im Jahr 2017

Objekt

Alter Hof mit einer mehrere Jahrhunderte zurückreichenden Geschichte u.a. als Zentrum des Dorfes, Arbeitsort, Trinkerheilanstalt. 9 ha Grundstück, 14 denkmalgeschützte Gebäude – teilweise bereits in Nutzung für Wohnen, Arbeiten, Gemeinschaft, Kultur und Bildung, teilweise als Potentialräume noch zu entwickeln und zu sanieren

Bewohnerschaft

50 Erwachsene, 20 Kinder, 15 Tiere

Beschreibung

In einem 250-Einwohner Dorf in der Märkischen Schweiz liegt Hof Prädikow. Bis zur Wende wurden hier eine Brennerei, eine Schmiede, Tierställe, Scheunen, Landwirtschaft jeglicher Art und Wohngebäude aktiv betrieben. Dann war es eine Weile still. Jetzt leben hier wieder 70 Menschen – Auswärtige, Europäer*innen, Landeier und Rückkehrer*innen – die versuchen, das Beste vieler Welten zu vereinen. Mit ihrer Idee von Hof Prädikow wollen sie an die „alte“ Praxis des ländlichen Raums anknüpfen: Wohnen, Leben, Arbeit und Kultur auf dem Hof vereinen und so eine zukunftsfähige Gemeinschaft entstehen lassen.

2016 konnte die Stiftung trias den Kaufvertrag über 9 ha Gelände mitsamt den Hofgebäuden unterschreiben. Die Mietergenossenschaft SelbstBau e.G. übernahm das Gelände im Erbbaurecht. Sie begleitet intensiv die Projektgruppe und setzt die baulichen Maßnahmen um.

Die Pioniergruppe, die den Prozess initiiert hatte, wuchs und 2018 gründete sich der Verein Hof Prädikow e.V. Er begleitet das Vorhaben, den denkmalgeschützten Hof im Sinne einer ökologischen, nachhaltigen und sozial verantwortlichen Handlungsweise wieder mit Leben zu füllen und das einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Der Ausbau der Wohngebäude begann, gleichzeitig wurde die ehemalige Traktorenscheune am Hofeingang als öffentliches Zentrum des Hofes entwickelt und saniert. Seither laufen viele Stränge parallel: Die Scheune wurde eröffnet, die ersten Co-Worker*innen arbeiten, Veranstaltungen finden statt, das Café bietet Kaffee an. Das "Schweizer Haus" ist seit November 2021 von sechs Parteien bezogen, im Herbst 2022 folgt der Einzug der neuen Bewohner*innen ins Verwalterhaus, das dank einer Förderung durch das Bundesfamilienministerium auch für altersgerechtes Wohnen hergerichtet wird.

Themen

  • Wohnen und Leben

    Die Bewohner*innen des Hof Prädikow sind Teil der Mietergenossenschaft SelbstBau e.G. und wollen darüber hinaus als Gemeinschaft leben. Nach und nach wird eine ökologisch tragfähige Infrastruktur aufgebaut mit solidarischer Landwirtschaft, einem Hofladen und Sharing-Modellen. Für Entscheidungsprozesse ist auf Hof Prädikow die Soziokratie das Modell der Wahl. Ausgehend von der Gleichwertigkeit aller Mitglieder und dem Konsent als einem der wichtigsten Werkzeuge werden Lösungen mit hoher Mitverantwortung gefunden. Der 2018 gegründete Hof Prädikow e.V. bündelt die gemeinnützige Arbeit in den Bereichen Denkmalpflege, Bildung sowie Kunst und Kultur.
    Der ehemaligen Traktorenscheune am Hofeingang kommt als "Brennglas" der Vision von Arbeiten, Leben und Gemeinschaft, die sich an einem Ort verbinden, eine besondere Rolle zu. Ihr heutiges Aussehen ist das Ergebnis mehrerer Jahre intensiver Konzept- und Entwicklungsarbeit und vieler Arbeitseinsätze. Die Scheune ist ein Raum der Verbindung mit vielen Funktionen: Coworking Space, offener Treffpunkt ("Dorfwohnzimmer"), Seminarort, Kreativ- und Meetingraum sowie Café.

  • Arbeit und Kultur

    Dank Digitalisierung haben viele auf Hof Prädikow ihre Arbeit “einfach dabei”. Analoges Gewerbe und ein kulturelles Angebot werden vor Ort neu aufgebaut. Die Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten auf dem Hof ist kein Zufall, sondern macht für die Hofgemeinschaft den entscheidenden Unterschied.
    Durch die vielen unterschiedlichen Menschen ist ein großes Spektrum an Fähigkeiten und Tätigkeiten auf Hof Prädikow versammelt. Schmuckdesign, akkubetriebene Baumaschinen, Musik, Workshops für soziale Innovation und Transformationsprozesse, die Begleitung von Städten, Regionen und Organisationen in Umbruchsituationen sind nur einige Schlagworte, die einen Eindruck von der breit gefächerten Expertise geben. Es gibt eine Werkstatt in der ehemaligen Schmiede, in der gelegentlich Workshops stattfinden; auf den Flächen einer alten Gärtnerei wird solidarische Landwirtschaft betrieben; und zwei kleine Herden von Zebu-Rindern pflegen die teilweise sehr feuchten Außenflächen des Hofes. Nicht zuletzt ist Hof Prädikow Mitglied im Netzwerk Zukunftsorte, das kreative Wohn- und Arbeitsprojekte verbindet, die Leerstand im ländlichen Ostdeutschland umnutzen und reaktivieren.

  • Vergangenheit und Zukunft

    Es gibt insgesamt 14 denkmalgeschützte Gebäude auf dem Hof, von denen einige noch auf ihre Neunutzung warten. Nicht alle Gebäude sollen zu Wohnungen umgebaut werden. Die Hofgemeinschaft ist daher immer auf der Suche nach guten Ideen, um die alten Mauern mit neuem Leben zu füllen. Als sogenanntes "Heritage Lab" ist Hof Prädikow auch Teil einer Mitmach-Plattform des EU-Forschungsvorhabens OpenHeritage. Damit wird seit 2018 untersucht, wie durch die Kraft der Zivilgesellschaft gefährdete Kulturerbestätten in ganz Europa reaktiviert und geschützt werden können. Denn für einen guten Denkmalschutz ist es wichtig, dass für geschichtsträchtige Gebäude eine neue Nutzung gefunden wird, welche die Historie des Ortes auf stimmige Weise mit der Gegenwart und in Richtung Zukunft verbindet. Auf Hof Prädikow gelingt das in bemerkenswerter Weise.

Gebäude

Die Wurzeln des Hofes reichen mehrere 100 Jahre zurück. Als Zentrum des Dorfes, Arbeitsort, Trinkerheilanstalt können die Steine viele Geschichten erzählen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gut Prädikow 1948 als Volkseigenes Gut (VEG) in das Eigentum des Staates überführt – mit 600 ha Land und mit etwa 100 Arbeiter*innen in der Landwirtschaft. Nach der Wende wurde der Hof von der Treuhandanstalt verwaltet. Einige Zeit wurden Viehwirtschaft und Ackerbau weitergeführt, bis 1998 ein Großbauer die Landwirtschaft übernahm. Von 1999 bis 2002 wurde in der Brennerei noch Alkohol produziert. 2003 wurde das gesamte Hofensemble unter Denkmalschutz gestellt. Der Familienkreis Preuß erwarb den Hof 2005 mit dem Plan, ihn als Bildungs- und Kulturort neu zu beleben – doch das Vorhaben wurde wegen ausbleibender staatlicher Förderung aufgegeben.

2016 wurde ein inzwischen ehemaliges Mitglied der Hofgruppe, Rudolf Freundorfer, auf den mittlerweile zum Verkauf stehenden Hof Prädikow aufmerksam. Rudi hatte bereits ein Wohnprojekt der SelbstBau e.G. und der Stiftung trias, das Stadtgut Blankenfelde, mit aufgebaut und nahm Bemühungen auf, diese Kooperation auch für Hof Prädikow zu initiieren. Rudolf Freundorfer und eine erste Kleingruppe aus fünf Menschen war erfolgreich und Ende 2016 konnte die Stiftung den Kaufvertrag über 9 ha Gelände mitsamt den Hofgebäuden unterschreiben. Die SelbstBau e.G. übernahm das Gelände im Erbbaurecht. Die Pioniergruppe wuchs und 2018 gründete sich der Verein Hof Prädikow e.V. Der Ausbau der Wohngebäude begann, gleichzeitig wurde die Scheune entwickelt und saniert. Seither laufen viele Stränge parallel: Die Scheune wurde eröffnet, die ersten Co-Worker*innen arbeiten, Veranstaltungen finden statt, das Café bietet Kaffee an. Das "Schweizer Haus" ist seit November 2021 von sechs Parteien bezogen, im Herbst 2022 folgt der Einzug der neuen Bewohner*innen ins Verwalterhaus, das dank einer Förderung durch das Bundesfamilienministeriums auch für altersgerechtes Wohnen hergerichtet wird.

Projekt und die Stiftung

Im Dezember 2016 kaufte die Stiftung trias den Hof Prädikow und schloss mit der Mietergenossenschaft Selbstbau e.G. im Januar 2017 einen Erbbaubaurechtsvertrag ab. Durch die Kooperation zwischen Stiftung trias und der SelbstBau e.G. sind Grund und Boden dauerhaft gesichert, private Spekulation ist ausgeschlossen.