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Bündnis WOHN:SINN

Gemeinschaftliches Wohnen mit und ohne Behinderung - Neue Angebote von WOHN:SINN

Das Bündnis WOHN:SINN setzt sich seit 2018 dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt und in aktiver Gemeinschaft mit anderen leben können, in inklusiven WGs, Hausgemeinschaften oder Nachbarschaften. Auf der neu gestalteten Portal-Webseite ist jetzt auch das Wohnprojekte-Verzeichnis der Stiftung trias eingebunden: Dank einer Übersichtskarte und Filtermöglichkeit können interessierte Menschen dort informative Einträge zu inklusivem Wohnen aus ihrer Region finden. Mit der Kooperation möchten WOHN:SINN und Stiftung trias das gemeinschaftliche Wohnen von Menschen mit und ohne Behinderung in Deutschland zusammen weiter voranbringen.

Wir haben mit Tobias Polsfuß, Bundeskoordinator des Bündnisses, darüber gesprochen, welche neuen Angebote es auf dem Portal von WOHN:SINN gibt, was er sich von Politik und Gesellschaft wünscht und wie man inklusives gemeinschaftliches Wohnen fördern kann.

 

Lieber Tobias Polsfuß,

Was ist WOHN:SINN und was heißt „Inklusives Wohnen“ erklärt für jemanden, der sich damit vielleicht erst wenig beschäftig hat?

WOHN:SINN ist ein überregionales und transdisziplinäres Bündnis im deutschsprachigen Raum. Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt und in aktiver Gemeinschaft mit anderen leben können, zum Beispiel in inklusiven WGs, Hausgemeinschaften oder Nachbarschaften. Zu unseren Mitgliedern gehören Privatpersonen und Projektgruppen genauso wie Anbieter der Behindertenhilfe, Stiftungen und Genossenschaften. Mit unseren Onlineangeboten, Veranstaltungen und Beratungen unterstützen wir dabei, eigene inklusive Wohnprojekte zu starten und zu betreiben.

 

Ich selbst habe während meines Studiums in München in einer inklusiven WG zusammen mit fünf Menschen mit sogenannten geistigen Behinderungen und drei weiteren Mitbewohner*innen ohne Behinderung gelebt. In geregelten Diensten habe ich meine Mitbewohner*innen im Alltag unterstützt und mich in die Gemeinschaft eingebracht. Im Gegenzug habe ich mietfrei gewohnt und selbst von den Diensten der anderen profitiert. Zum Beispiel stand jeden Abend ein warmes Essen auf dem Tisch.

Eure Webseite wohnsinn.org hat eine komplette Neugestaltung erfahren. Unter anderem fällt die lebendige und anwenderfreundliche Wohnprojekte-Karte auf. Was sind die wichtigsten neuen Funktionen und Inhalte, die man dort findet? Wie hängt die Seite mit dem Wohnprojekte-Portal zusammen?

Neu an unserer Karte ist, dass sie interaktiv ist. Das heißt zum einen, man kann seine Suche bequem nach Wohnformen, eigenen Suchbegriffen usw. filtern. Zum anderen kann man sich selbst eintragen – als interessierte Person oder Familie, als Wohnprojekt oder Projektgruppe und auch als Anbieter für Assistenz oder Immobilien. Wenn jemand anderes in der Umgebung ein Profil einstellt, wird man per E-Mail benachrichtigt. Die Vernetzung funktioniert also automatisch!

Die Anmeldung für unsere Karte läuft über das Wohnprojekte-Verzeichnis der Stiftung trias. Das ist dieselbe Datenbank, die auch dem Wohnprojekte-Portal zugrunde liegt. Der große Vorteil: Wenn Sie ein gemeinschaftliches Wohnprojekt einstellen, das auch für Menschen mit Behinderung geeignet ist, können Sie es mit einer Anmeldung in beide Portale einstellen.

In einem größeren Zusammenhang gedacht: Welche Zukunft sehen Sie für den Bereich Inklusives gemeinschaftliches Wohnen? Und was müsste sich politisch oder gesellschaftlich noch verändern, damit inklusives Wohnen wirklich in den Köpfen ankommt?

Wir nehmen wahr, dass gemeinschaftliche Wohnprojekte häufig offener für Menschen mit Behinderungen sind als andere Vermieter*innen. Der Gemeinschaftssinn hilft, eine flexible Unterstützung im Alltag zu organisieren. Das ist super wichtig, weil gerade Menschen mit sog. geistigen Behinderung leider noch viel zu häufig in Heimen oder bei den eigenen Eltern leben. Alltägliche Begegnungen in der Gemeinschaftsküche, beim Gartenfest oder durch nachbarschaftliche Hilfe sind meiner Erfahrung nach die beste Medizin gegen Berührungsängste und Ausgrenzung.

Politisch wünsche ich mir, dass Inklusion zum zentralen Kriterium für Förderungen wird, zum Beispiel im Rahmen der neuen Wohngemeinnützigkeit, die im Koalitionsvertrag der Ampel steht. Außerdem braucht es mehr Kooperationen zwischen Wohnprojekten, Wohnungsunternehmen und Anbietern der Behindertenhilfe, damit mehr inklusive Wohnangebote entstehen. Dabei beraten wir auch gerne.

Wie kann man sich selbst für Inklusives Wohnen engagieren? Was braucht es an persönlichen Eigenschaften, wenn man sich für eine inklusive WG oder Hausgemeinschaft interessiert und ersten Kontakt aufnehmen möchte? Was würden Sie sich insbesondere von Immobilieneigentümer*innen wünschen?

Das ist eigentlich ganz einfach: Man kann entweder in ein inklusives Wohnprojekt ziehen oder das eigene Wohnprojekt dafür öffnen. Es braucht keine besondere Ausbildung, um inklusiv zu wohnen – ganz im Gegenteil. Wer sich dafür interessiert, kann gerne an unser monatlichen Infoveranstaltung „Inklusives Wohnen für Einsteiger“ online über Zoom teilnehmen.

Von allen, die Immobilien bauen oder anbieten, würde ich mir wünschen, dass Sie die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung und ein aktives Miteinander der Bewohnerschaft stärker berücksichtigen. Dazu muss man kein Inklusionsexperte sein. Gehen Sie einfach Kooperationen mit sozialen Trägern und Vereinen vor Ort ein oder kommen Sie zu uns in die Beratung.

Vielen Dank für das Gespräch!

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